MDK Hessen in der Kritik

von Lisa Gauch

MDK Hessen wegen auffälliger Änderungen der Abrechnungspraxis in der Kritik

  • Behandlungsindikationen für stationäre Komplexbehandlungen vom MDK in Frage gestellt
  • MDK-Ablehnungsquote in Kassel abrupt von drei auf über 90 Prozent gestiegen
  • Beurteilungspraxis widerspricht in einigen Fällen ethischen Grundprinzipien der Medizin
  • Geschäftsführer Psczolla: ANOA sieht Zukunft der nichtoperativen Schmerz- und Komplexbehandlung in Deutschland gefährdet

Oberwesel, den 6. November 2019 Die ANOA (Arbeitsgemeinschaft nicht operativer orthopädischer Akut-Kliniken) vertritt als wissenschaftliche Fachgesellschaft bundesweit orthopädische Kliniken, die Schmerzerkrankungen des Bewegungssystems mit im DRG System anerkannten Komplexbehandlungen nichtoperativ behandeln. ANOA Kliniken sind in der Behandlung akuter und chronischer Erkrankungen des Bewegungssystems in Deutschland in den Fallzahlen führend.

Mehrere akute Mitteilungen von Kliniken, die im ANOA Konzept arbeiten, haben die Fachgesellschaft jetzt zu einer aktuellen Stellungnahme veranlasst:

Nachdem 2017 bereits eine ANOA Klinik in Flörsheim / Hessen wegen einer nicht regelgerechten MDK Struktur- und Fallbegutachtungsserie des MDK Südhessen und damit verbundenen Rückverrechnung der Kassen insolvent wurde, gibt es derzeit weitere auffällige Änderungen der Abrechnungspraxis desselben MDK. So berichtet die DRK Klinik in Kassel über eine abrupte Änderung der Ablehnungsquote stationärer und tagesklinischer Komplexbehandlungen von bisher drei Prozent auf aktuell über 90 Prozent, nachdem die Zuständigkeit für die Prüfungen vom MDK Kassel auf den MDK Darmstadt übertragen wurde.

ANOA-Geschäftsführer Dr. Matthias Psczolla: „Wir sind in Sorge, dass von einzelnen Vertretern des MDK Hessen willkürlich Prüf- und Beurteilungskriterien – also Strukturkriterien und Abrechnungsregeln – festgelegt und angewandt werden, die nicht mehr mit den gesetzlichen Bestimmungen und den durch das DIMDI festgelegten Kriterien übereinstimmen. Behandlungsindikationen für stationäre Komplexbehandlungen werden in Frage gestellt, ebenso Kriterien für Behandlungsmethoden und Behandlungszeiten interdisziplinärer stationärer Behandlungen.“ Die Beurteilungspraxis widerspräche in diesen Fällen ethischen Grundprinzipien der Medizin und zudem häufig auch den mit dem MDK konsentierten Beurteilungskriterien (SEG-4 Konsenspapiere OPS 8-977 und 8-918) sowie vereinzelt gesetzlichen Vorgaben.

„Die ANOA ist besorgt über diese Entwicklung, die die Zukunft der nichtoperativen Schmerz und Komplexbehandlung in Deutschland gefährdet“, warnt ANOA-Geschäftsführer Psczolla.

Nichtoperative Komplexbehandlungen des Bewegungssystems sind häufig eine Alternative zu Operationen und können vergleichsweise effektiv durchgeführt werden, wenn sie den medizinisch- wissenschaftlichen Erkenntnissen folgen. Die ANOA Gruppe hat dazu ein umfangreiches Qualitätssicherungs- und Zertifizierungssystem entwickelt, das Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität gleichermaßen berücksichtigt.

Stationäre Komplexbehandlungen müssen von den Verantwortlichen der Krankenkassen mitgetragen werden. Matthias Psczolla: „Die ANOA bittet die Kassen und den MDK, die Prüfquoten und die Vorgehensweisen einzelner MDK Mitarbeiter kritisch zu überprüfen und zu vereinbarten Prüfquoten und verlässlichen Prüfkriterien zurückzukehren.“

Kontakt
Pressebüro ANOA

Geschäftsstelle ANOA
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www.anoa-kliniken.de

Die ANOA
Die ANOA (Arbeitsgemeinschaft nicht operativer orthopädischer Akut-Kliniken) ist eine medizinischwissenschaftliche Vereinigung von mittlerweile 29 Akutkrankenhäusern, die im nicht operativen orthopädischunfallchirurgischen, manualmedizinischen und schmerztherapeutischen Bereich tätig sind. Patienten mit komplexen und multifaktoriellen Erkrankungen des Bewegungssystems sowie mit chronischen Schmerzerkrankungen benötigen multidisziplinäre und multimodale Diagnostik- und Therapiekonzepte. Im Mittelpunkt des ANOA-Konzeptes stehen daher individualisierte befundorientierte Behandlungen auf neuroorthopädischer Grundlage unter Einbeziehung manualmedizinisch-funktioneller, schmerzmedizinischer und psychotherapeutischer Methoden.

Die ANOA ist der Auffassung, dass nur im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung langfristig wirksame Therapiekonzepte umgesetzt werden können. Dazu hat die ANOA klinische Behandlungspfade mit besonderen Behandlungsschwerpunkten entwickelt. Das ANOA Konzept basiert auf den neuesten medizinischen Erkenntnissen und ist wissenschaftlich überprüft. Die Prozess- und Ergebnisqualität im ANOA Konzept wird kontinuierlich multizentrisch evaluiert. Mit dem 2016 entwickelten ANOA-Zertifikat können Kliniken ihre Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität nachweisen und sichern.

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