Pandemie verstärkt Trend zur konservativen Behandlung

von Lisa Gauch

Oberwesel den 16. August 2021 Das Thema konservative Orthopädie gewinnt immer weiter an Bedeutung, so die Bilanz der Arbeitsgemeinschaft nicht operativer orthopädischer manualmedizinischer Akut-Kliniken (ANOA) auf ihrer heutigen Präsidiumssitzung am Sitz der ANOA-Geschäftsstelle in Oberwesel. Covid-19 und der monatelange Lockdown konnten diese Entwicklung nicht stoppen. Im Gegenteil: „Die Pandemie hat bei vielen Schmerzpatienten zu einem Umdenken geführt“, sagt Dr. Sabine Alfter, 1. Vizepräsidentin der ANOA und Chefärztin im Krankenhaus Lahnhöhe in Lahnstein. „Weg vom operativen Ansatz und hin zur multimodalen Behandlungsweise, die den Patienten ganzheitlich betrachtet.“ Auf eine stetig wachsende Nachfrage stellen sich auch die Kliniken ein: Immer mehr Akutkrankenhäuser orientieren sich an dem nicht-operativen multidisziplinären und multimodalen Konzept, das der Verbund in den vergangenen 20 Jahren erfolgreich weiterentwickelt hat und fragen nach einer ANOA-Mitgliedschaft.

 

ANOA nun mit 32 Mitgliedskliniken

„Das Interesse an unserem Verbund ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen und heute so groß wie nie zuvor,“ sagt Dr. Jan Holger Holtschmit, ANOA-Präsident und Chefarzt am Marienhaus Klinikum St. Wendel-Ottweiler. Dabei sei es erstaunlich, dass trotz der seit März 2020 pandemiebedingt schwierigen Situation für Krankenhäuser keine ANOA-Klinik in den vergangenen Monaten habe schließen müssen – mit Ausnahme von St. Goar / Oberwesel, erläutert der ANOA-Präsident und verweist auf die aktuellen Zahlen: 32 Kliniken im ganzen Bundesgebiet sind aktuell Mitglied in der medizinisch-wissenschaftlichen Vereinigung. Seit 2019 neu hinzugekommen sind dabei die folgenden acht Häuser: Krankenhaus Tauberbischofsheim, St. Elisabeth-Hospital Herten, Orthopädische Klinik Markgröningen, Westmecklenburg Klinikum GmbH Helene von Bülow, Vitos Orthopädische Klinik Kassel, Diakovere Krankenhaus gGmbH Annastift, Sana Klinik München und Klinikum Freudenstadt.

Den Grund für das wachsende Interesse an der konservativen Orthopädie führt der ANOA-Präsident Dr. Holtschmit auf das gute Image der Vereinigung sowie des ANOA-Konzeptes zurück. „ANOA gilt mittlerweile als der Goldstandard der multimodalen Komplexbehandlung am Bewegungssystem.“ Zudem habe es sich nicht nur auf medizinischer Ebene herumgesprochen, dass das Konzept dem Patienten nachhaltig helfe, sondern auch, dass Kliniken damit gut wirtschaften können. „Unser Konzept ist zwar sehr personalintensiv, doch dies wird kompensiert durch niedrige Medikamentenkosten und die Tatsache, dass wir – anders als bei chirurgischen Eingriffen – zum Beispiel keine Implantatkosten haben.“

Wenig Bewegung und psychischer Druck: Patienten denken um

Das Fazit der Präsidiumssitzung: Anders als noch vor der Pandemie, setzen sich Patienten heute intensiver mit der Notwendigkeit einer Indikation auseinander, fragen bei der ANOA nach einer Zweitmeinung, suchen nach alternativen Möglichkeiten zu einer Operation. „Patienten sagen uns inzwischen immer häufiger: Eine OP? Das tu ich mir nicht an“, stellt Chefärztin Dr. Sabine Alfter fest. Ihre Beobachtung: Homeoffice, die Einschränkung sportlicher Aktivitäten und dazu oftmals auch psychischer Druck in der Pandemie haben bei nicht wenigen Schmerzpatienten das Bewusstsein für neue, ganzheitliche Ansätze geschärft. „Dass beispielsweise Sorgen um den Job in Coronazeiten den Schmerz oftmals ebenfalls beeinflussen und daher bei der Behandlung multifaktorielle Aspekte mit betrachtet werden sollten, wird heute mehr und mehr erkannt.“ Ein zentraler Grund, weshalb gerade das ANOA-Konzept beim Patienten wachsende Akzeptanz und Nachfrage erfahre.

Schmerzen gerieten in der Pandemie vielfach außer Kontrolle

„Wir sind in unserer Klinik aktuell kaum noch in der Lage, alle Patientenanfragen abzuarbeiten“, schildert Dr. Jens Adermann, 2. Vizepräsident der ANOA und Chefarzt der Klinik für Manuelle Therapie in Hamm, die Situation und beschreibt, dass sich seit der ersten Impfwelle im Frühjahr dieses Jahres mehr und mehr Patienten mit chronischen Beschwerden am Bewegungssystem gemeldet hätten. Sein Fazit: „Die vorübergehenden Schließungen von Schwimmbädern und Sportstätten sowie Einschränkungen beim Reha-Sport haben in vielen Fällen dazu geführt, dass Schmerzen außer Kontrolle gerieten.“ Da Patienten eine Operation immer häufiger gut abwägen würden, sei die Entscheidung – sofern keine Notfallindikation bestand – oftmals für die konservative Therapie ausgefallen. „Eine Entwicklung, von der die ANOA-Kliniken stark profitieren“, so Dr. Adermann.

ANOA sieht Bedarf an weiteren Kliniken im Bundesgebiet

Mit nunmehr 32 ANOA-Häusern im gesamten Bundesgebiet sieht sich die medizinisch-wissenschaftliche Vereinigung gut aufgestellt.

Dr. Jan Holger Holtschmit: „Gerade angesichts der aktuell großen Nachfrage sind wir glücklich, dass wir mit den ANOA-Kliniken nahezu engmaschig entsprechende Angebote für Schmerzpatienten vorhalten können. Allerdings führen die meisten der Akut-Kliniken inzwischen bereits Wartelisten. Um dem wachsenden Bedarf an einer multimodalen Behandlung des Bewegungssystems auch in Zukunft gerecht werden zu können, brauchen wir daher zweifellos noch weitere ANOA-Häuser.“

Kontakt

Geschäftsstelle ANOA
Lisa Gauch
Hospitalgasse 11
55430 Oberwesel // Telefon: 06744/712-156

info@anoa-kliniken.de
www.anoa-kliniken.de

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